Vegan. Immer häufiger triffst du im Alltag auf diesen Begriff. Viele Menschen haben sich dazu entschieden, Veganer zu werden. Doch warum und was bedeutet das überhaupt?
Veganismus ist eine Lebens- und Ernährungsweise. Dabei werden alle tierischen Nahrungsmittel vermieden beziehungsweise wird allgemein die Verwendung von Produkten tierischen Ursprungs und die Ausbeutung von Tieren abgelehnt. Auch Kleidung und andere Waren, wie Kosmetikprodukte, können davon betroffen sein. Vegane Kosmetik bedeutet meist auch tierversuchsfreie Kosmetik, dass vegane Kosmetikartikel dann auch frei von Tierprodukten sind, ist selbstverständlich.
Warum vegan? Ein Interview mit Manfred Loosen, Redakteur beim Naturkostmagazin Schrot&Korn.
Was bedeutet es für dich, vegan zu sein?
Für mich war es ein Entwicklungsschritt. Während meines Studiums bin ich Vegetarier geworden: In einem Artikel des „stern“ hatte ich gelesen, dass „normale“ Schweine einmal im Leben Tageslicht sehen – auf dem Weg zum Schlachter. Auch mit der Massentierhaltung wollte ich nichts mehr zu tun haben. Aber Milch, Käse und Eier habe ich noch weiter gegessen – allerdings nur noch „bio“.
Wie lange lebst du schon vegan und was hat dich zu dieser Lebensweise bewogen?
Vor gut sieben Jahren habe ich für mich entschieden: „Jetzt reicht’s!“ Natürlich leben Bio-Tiere besser als konventionelle, aber auch Bio-Kühe werden jedes Jahr zwangsbesamt, damit sie wieder Kälbchen bekommen. Nur dann geben sie weiter (genug) Milch. Und auch Bio-Höfe dürfen Zehntausende von Hühnern halten. Die haben es besser als konventionelle Hühner, keine Frage, aber ich wollte bei der Massentierhaltung einfach nicht mehr mitmachen. Also habe ich im April 2013 aufgehört, tierische Produkte zu essen.
War es am Anfang schwierig für dich, dich an den Veganismus zu gewöhnen?
Eigentlich dachte ich, dass es schwer würde, zum Beispiel auf Käse zu verzichten. Aber das war gar nicht so. Es gibt so viele tolle Brotaufstriche, dass mir nichts gefehlt hat. Natürlich hat man am Anfang viele Kochbücher gewälzt und tolle Rezepte entdeckt. (So doof Attila Hildmann heute ist in Sachen Corona, so toll sind – immer noch – seine Kochbücher!) Nach und nach experimentiert man natürlich auch selbst, mixt sich eigene Brotaufstriche, probiert eigene Soßen aus; das macht echt Spaß. Und es gibt auch mehr und mehr vegane Produkte, die wirklich lecker sind. Aber die sogenannten Ersatzprodukte esse ich gar nicht so viel. Ich brauche nichts, was „wie Fleisch“ oder „wie Wurst“ aussieht. In erster Linie esse ich sehr viel Obst, Gemüse und Salat. Ich wage zu behaupten: So lecker und so abwechslungsreich wie in den vergangenen sieben Jahren habe ich vorher noch nie gegessen!
Übrigens, netter Nebeneffekt: Ich hab‘ in den ersten acht Wochen fünf Kilo abgenommen und halte das Gewicht seit dem ohne Probleme. Ich laufe schon immer viel, aber mit fünf Kilo weniger freuen sich auch meine Knie…
Wie macht sich das Vegan-sein in deinem Alltag bemerkbar, deine Ernährung ausgenommen?
Ich kaufe (fast) nichts mehr, das mit Tieren zu tun hat. Ich benutze meinen Ledergürtel weiter – es wäre Quatsch, den jetzt wegzuwerfen –, aber einen neuen aus Leder werde ich wohl nicht kaufen. Weil ich direkt auf der Haut ungern Plastik fühle, habe ich mir nochmal (Birkenstock-)Sandalen aus Leder gekauft. Andere Schuhe, in denen ich Socken trage, kaufe ich vegan. Auch meine Woll-Pullis habe ich nicht weggeworfen, aber neue wären jetzt aus Baumwolle. Seide benutze ich schon seit Jahren nicht, weil die Seidenraupen kein schönes (Ab-)Leben haben…
Machst du manchmal Ausnahmen? Mal ein Stück Käse oder eine Joghurt zwischendurch? Warum? (Die nicht vegane Variante ist gemeint)
Ich glaube, ich habe in diesen sieben Jahren einmal Käse gegessen: Wir waren in einer italienischen Pizzeria, wo ich mir meist Spaghetti Alio e Olio bestelle. Und dieses eine Mal habe ich vergessen, beim Bestellen „ohne Parmesan“ zu sagen. Als die Nudeln kamen, war der Parmesan dann schon drauf. Das habe ich dann gegessen, weil ich es nicht wegwerfen wollte.
Hast du einen oder mehrere Ratschläge für „neue“ Veganer oder solche, die es werden wollen?
Probiert es einfach mal aus! Wer sich klarmacht, was wir Menschen Tieren antun, nur um Fleisch, Wurst, Milch und Käse zu bekommen, ist ein veganes Leben eigentlich logisch. Wer behauptet „Das kann ich nicht!“, hat es noch nicht probiert. Fangt vielleicht mal mit einem Tag der Woche an: „Jeden Dienstag ohne Tier!“ Oder macht eine Challenge: „Einen Monat vegan!“ Es gibt Organisationen, die unterstützen einen dabei sehr gut (und kostenlos). ProVeg oder die Albert-Schweitzer-Stiftung sind da gute Adressen. Wer sich vorher einen entsprechenden Film ansieht, fühlt sich bestärkt, dass er das Richtige tut!
Welchen Film zum Beispiel?
Im Internet ist https://www.dominionmovement.com/watch ein guter Tipp. Vorsicht! Das ist nichts für zarte Seelen. Während des Films darf man auch ruhig mal die Augen zu machen und wegsehen … Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir Menschen mit diesen Bildern zu tun haben, dass wir sie zumindest teilweise rechtfertigen … Es ist die Realität. Wer Fleisch isst, muss sich mit sowas auseinandersetzen, finde ich. Wer danach noch immer Fleisch isst: OK. Das ist dann die eigene Entscheidung. Dann muss aber auch die Frage beantwortet werden: Was maßen wir Menschen, wir „Krone der Schöpfung“ uns an? Ist dies – auch nur im Ansatz – mit Anstand, Vernunft, Freundlichkeit, Gewaltlosigkeit, Liebe vereinbar? Ich finde: NEIN!
Text: Marie Dölger,
Bio-Verlag